Die "Vereinigten Sozialen Stiftungen zu Rostock" gibt es heute, weil...
… in Rostock schon seit dem Mittelalter für Menschen gesorgt wurde, die alleine nicht für ihren Lebensunterhalt aufkommen konnten. Aus dieser Sorge entstanden über die Jahrhunderte Stiftungen, deren Namen auch heute noch bekannt sind und zu deren Geschichte sich im Stadtarchiv Unterlagen finden lassen. Grundstücke, Geld und Sachwerte wurden eingesetzt,
um sogenannte Arme, besonders aber sogenannte verschämte Arme zu unterstützen.
Die „Vereinigten Sozialen Stiftungen zu Rostock“ gibt es heute aber auch, weil viele dieser alten Stiftungen ihren Stiftungszweck aufgrund mangelnder finanzieller Mittel nicht mehr erfüllen konnten. Zwei Weltkriege, drei Systemwechsel, eine Inflation und 5 Währungsreformen hatten große Teile des Stiftungskapitals von Rostocker Stiftungen vernichtet, wie sich der über diese Zeiten mehr oder weniger kontinuierlich geführten Buchhaltung entnehmen lässt. Stiftungsgeschichte ist eben nicht nur Sozialgeschichte, sondern auch Finanzgeschichte.
Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts und 1. Weltkrieg
Nach einer Blütezeit des Stifterwesens am Ende des 19./ zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachte der Erste Weltkrieg eine erste Zäsur. So kauften Stiftungen im Zuge der allgemeinen Kriegsbegeisterung mit Stiftungskapital Kriegsanleihen, die nach dem Ende des Krieges wertlos waren. Knappheit und Mangel machten vor allem den Stiftungen zu schaffen,
die z.B. Häuser zur Erholung betrieben. Vermögen, die im Ausland angelegt waren, gingen verloren.
Inflation
Die Inflation in der Nachkriegszeit und die anschließende Währungsreform verminderten das Kapital aller Stiftungen weiter. Vorhandene Grundstücke und Häuser
waren oft schon vorher verkauft worden und Grundschulden konnten zu Beginn der Inflation von den Grundschuldnern leichter abgelöst werden, da Geld zur Verfügung stand.
Da kleine Stiftungen kaum noch Geld auszahlen konnten, wurden sie zusammengelegt oder mit größeren Stiftungen vereinigt.
So konnte wenn auch weniger so doch sinnvoll geholfen werden.
Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg
Nach 1933 entwickelte sich in Deutschland eine Diktatur, die Nationalsozialisten übernahmen die Macht. Auch die Stiftungen sollten gleichgeschaltet werden,
kleine Stiftungen sollten aufgelöst werden und Stiftungszwecke dem herrschenden Gedankengut angepasst werden.
So wurde eine jährliche Spende an das Winterhilfswerk verpflichtend.
Der Zweite Weltkrieg unterbrach nicht nur diese Stiftungsneuorganisation, sondern auch wieder die Arbeit der Stiftungen. Die anschließende Währungsreform schmälerte
erneut die finanziellen Mittel und der Wert von Grundstücken mit zerstörten Häusern sank erheblich, so dass auch die Erträge von Grundschulden weniger wurden.
DDR
Nach 1949 gehörte Rostock zur Deutschen Demokratischen Republik. Die Verwaltung der noch aktiven Stiftungen übernahm der Rat der Stadt und der Stiftungsbetrieb lief weiter,
wieder mit einer neuen Währung. Wieder wurden (finanziell) kleine Stiftungen mit größeren zusammengelegt. Der Rat der Stadt bezahlte einen Buchhalter, der für jede Stiftung eine einzelne Buchhaltung führte. Bereits Begünstigten wurden weiterhin regelmässige Unterstützung gezahlt. Erst später, je nach Stiftung zwischen 1955 und 1965 gingen die verfügbaren Summen als Weihnachtszuweisung an die Volkssolidarität. Die Summen dieser Zuwendungen liegen jeweils zwischen 100,- und 800,-, teilweise bis zu 1000,- Mark.
Dass Gelder an einzelne Personen in dieser Zeit erstmals ausgezahlt wurden, ist eher selten, kommt aber vor. Interessanterweise liefen für einige Stiftungen weiter Grundschulden ein, zu Anfang auch gezahlt von der kommunalen Wohnungsverwaltung. Diese verwalteten Grundstücke und Häuser, wenn die ursprünglichen Besitzer nicht mehr auffindbar waren,
weil sie entweder im Krieg umgekommen oder aber geflohen oder im Ausland nicht zu erreichen waren. Einige Zahlungen sind tatsächlich bis zum Ende der DDR nachweisbar.
Wiedervereinigung
Ein erneuter Systemwechsel mit Währungsreform und Umstellung von Finanzwesen und Verwaltung durch die Wiedervereinigung
der beiden deutschen Staaten 1990 führte zunächst dazu, dass die nominell noch vorhandenen Stiftungen einfach weiter existierten. Geld ging noch ein,
wurde ordnungsgemäß verbucht, ansonsten gibt es keine Nachweise für eine Tätigkeit.
Erst 1994 wurde versucht, die noch vorhandenen Gelder zu bündeln und damit wieder den ursprünglichen Stiftungszweck zu erfüllen: die Unterstützung von Menschen.
Sieben Stiftungen mit tatsächlich vorhanden Geldwerten konnte man noch finden. Allerdings waren auch hier durch die Währungsreform die Mittel deutlich reduziert
und um mit den wenigen Mitteln sinnvolle Unterstützung leisten zu können, wurde 1994 eine neue Stiftung aus den sieben Alt-Stiftungen gegründet.
Die „Vereinigten Sozialen Stiftungen zu Rostock“ steht somit in einer jahrhundertealten Rostocker Tradition und auf dem Boden folgender Vorgängerstiftungen: